Mittwoch, 25. Juli 2012

Persönlichkeitsstörung - Paranoide PS


Paranoide Persönlichkeitsstörung (ICD-10, F6)

Eingeteilt im International Classification of Diseases (ICD-10) in F6.
Unter F6 werden die gängigen Persönlichkeitsstörungen diagnostisch festgehalten und beschrieben.

Die paranoide Persönlichkeitsstörung zeigt folgende Merkmale:

Struktur:
  • Der Betroffene hat eine übertriebene Empfindlichkeit gegenüber Zurückwei­sung.
  • Nachtragen von Kränkungen, durch Misstrauen.
  • Neigung, Erlebtes zu ver­drehen, indem neutrale oder freundliche Handlungen anderer als feindlich, kränkend oder verächtlich missgedeutet werden.
  • Es gibt wiederkehrende unberechtigte Verdächtigungen hin­sichtlich der sexuellen Treue des Ehe­gatten oder Sexualpartners. Es herrscht also eine erhöhte Neigung zur pathologischen Eifersucht.
  • Ebenso kommt es zur Neigung  eines überhöhten Selbstwertgefühls und einer häufig übertriebenen Selbst­bezogenheit.
  • Emotional kalt und distanziert.
  • Aufgrund der ständigen Angst, belogen und ausgenutzt zu werden, sind Menschen mit einer paranoiden PS ständig auf der Hut und reaktionsbereit.
  • Durch ein ausgeprägtes Misstrauen werden engere Beziehungen / Freundschaften vermie­den.
  • Sehr kritisch gegenüber den Schwächen und Fehlern anderer, aber höchst empfindlich auf Kritik an eigener Person. Sie können eigene Fehler nicht zugeben und suchen die Schuld bei den anderen.
  • Streitsüchtig, pathologisches Beharren auf eigene Rechte, querulatorisch.

Ätiologie:
  • Zurückweisungen und / oder Liebesmangel während der Kindheit.
  • Durch event. Missbrauch Entstehung von erhöhter Wachsamkeit und Misstrauen.
  • Empfindung von überhöhter Feindseligkeit, die sie auf andere projizieren und sich damit noch intensiver bedroht und angegriffen fühlen.
  • Sie fordern geradezu die gefürchtete Kritik, Ablehnung und Feindseligkeit der Menschen heraus, was zum so genannten "Circulus virtiosus" führt.
  • Die Erziehung sieht oftmals so aus, dass die Eltern vor allem darauf ausgerichtet sind, ein Fehlverhalten des Kindes zu unterbin­den / zu vermeiden. Denn nur so könne das Kind mit besonderen Talenten heranwachsen. (Eine mögliche Interpretation der Verhaltenstherapie).
  • Das Kind wächst überbehütet auf, hat ein ängstliches Verhalten gegenüber anderen Kindern, da diese es möglicherweise schon als sonderbar empfinden und damit die Angst und das Misstrau­en bereits weiter wachsen.

Therapie:

Verhaltenstherapeutisch:
  • Versuch, die übermäßige Wachsamkeit und Abwehr der Betroffenen zu reduzieren, indem die Selbstsicherheit erhöht wird.
  • Dies soll durch ein Lernen, mit Problemen besser umzugehen, Ängste zu kontrollieren und Veränderungen im Denk- und Lösungsmuster zu erzielen.



Mittwoch, 18. Juli 2012

Reaktanz und Reaktionen


Reaktanz
  • Unter einer psychologischen Reaktanz versteht man eine recht komplexe Abwehrreaktion, die als Widerstand gegen äußere oder innere Einschränkungen aufgefasst werden kann.
  • Reaktanz wird in der Regel durch psychischen Druck (z. B. Nötigung, Drohungen, emotionale Argumentführung) oder die Einschränkung von Freiheitsspielräumen(z. B. Verbote, Zensur) ausgelöst.
  • Als Reaktanz im eigentlichen Sinne bezeichnet man dabei nicht das ausgelöste Verhalten, sondern die zugrunde liegende Motivation oder Einstellung.

Reaktionen - Allgemein
  • Reaktionen im psychologischen bzw. psychiatrischen Sinne haben sehr unterschiedliche und mitunter komplexe Bedeutungen.
  • Reaktionen tauchen als Abwehrmechanismus auf, ebenso wie als Bezeichnung für eine bestimmte Schwere und Art der Depression. Aber auch eine neurotische Belastungsstörung steht in Verbindung mit einer Reaktion.
  • Die unterschiedlichen Reaktionen werden im Folgenden aufgeschlüsselt.

Reaktion als Abwehrmechanismus:
  • Abwehrmechanismen bezeichnen grundsätzlich einen unbewussten Prozess und eine unbewusste Reaktion auf eine Bedrohung, auch wenn diese objektiv nicht besteht.
  • Eine der möglichen Reaktionen besteht in der so genannten Reaktionsbildung.
  • Reaktion und Reaktionsbildung sind also zwei unterschiedliche Komponenten. Das eine meint grundsätzlich das Wesen aller Abwehrmechanismen, das andere meint einen konkreten Abwehrmechanismus.

Reaktionsbildung
  • Reaktionsbildung meint die Wendung in das Gegenteil. Wie muss man das verstehen?
  • Es bedeutet, dass eine Person eine nach außen gerichtete Erscheinung zeigt, aber im Innern, also im Unterbewussten den gegensätzlichen (unterdrückten) Wunsch hat.
Beispiel: Der Sauberkeitszwang als unbewusster Wunsch nach Chaos
  • So ist zum Beispiel der Hang oder auch der Zwang nach Sauberkeit („jemand hat einen Sauberkeitsspleen“) der eigentliche Wunsch nach Unordnung und Chaos.
  • Warum aber geht die Person dann nicht gleich der Unordnung nach? Eine berechtigte Frage.
  • Einfach ausgedrückt entsteht folgendes inneres Gedanken- und Wahrnehmungssystem: Person A kennt zum Beispiel aus den Erfahrungen der Erziehung bzw. des Kindes- und Jugendlichenalters vor allem den Wunsch der Eltern nach Sauberkeit und Ordnung. Das Kind möchte aber gerne die Unordnung ausleben, darf es aber nicht oder wird dafür bestraft. Im Erwachsenenalter nun kann es passieren, dass die Ordnung aufrecht erhalten wird, weil man sich in diesem System der Ordnung auskennt und genau weiß, was einen erwartet. Außerdem ist die Unordnung / das Chaos mit Strafe verbunden. Der Wunsch, anders zu handeln, ist immer auch die Reise ins Ungewisse und damit mit einem mehr oder weniger ausgeprägten Angstgefühl verbunden.
    Wenn nun die Angst so groß ist vor der unbekannten Komponente Unordnung oder Chaos, verlässt sich Person A ganz auf den Faktor Ordnung und Sauberkeit. Denn dann hat Person A keine Angst zu befürchten. Tatsächlich aber bleibt ja der heimliche und inzwischen unbewusste Wunsch nach Unordnung und Chaos bestehen. Das aber erhöht die Angst, sei es vor einer Strafe (die er oder sie natürlich nicht mehr bekommt, der Gedanke daran aber verankert ist) oder einfach vor dem Unbekannten.
    Im Resultat steigert sich Person A so sehr in die Ordnung / in das Chaos hinein, dass sie möglichst weit entfernt von dem Angstgefühl ist. Nicht selten entwickelt man dann ein zwanghaftes Handeln, zum Beispiel in der übersteigerten Ordnungssucht oder der Sucht nach Sauberkeit. Unbewusst ist dies aber immer nur der Wunsch nach genau dem Gegenteil. Und je eher Person A spürt, dass der heimliche Wunsch eben darin besteht, desto eher wird sie der Sauberkeit / Ordnung nachgehen, auch um sich nicht selber vor sich selbst zu entblößen. Dieses Verhalten nennt man im Sinne der Abwehrmechanismen „Reaktionsbildung“.
  • So kann es unter anderem zu einer überfürsorglichen Zuwendung kommen aus Angst vor der unbewusst bestehenden aggressiven Grundhaltung. Statt dem Angst beladenen Wunsch nach Faulheit kommt es zu einer übertriebenen Geschäftigkeit. Derer gibt es unzählige weitere Beispiele.

Reaktion als Neurotische Störung - Psychoreaktive Störung
  • Im Grunde genommen ist jede neurotische Störung immer schon eine Reaktion. Denn es ist der reaktive Umgang mit einem Konflikt, dem man ausweicht oder auszuweichen versucht.
  • Daher werden neurotische Störungen auch als „psychoreaktive Störung“ bezeichnet.
  • Auch das inzwischen inflationäre Burnout-Syndrom ist eine Reaktion auf die Stressbelastung.

Reaktion auf schwere Belastungs- oder Anpassungsstörungen
  • Unter den neurotischen psychischen Störungen gibt es phobische Störungen, generalisierte Angststörungen, Zwangsstörungen, dissoziative Störungen, somatoforme Störungen und eben auch Reaktionen als „Reaktion auf schwere Belastungs- oder Anpassungsstörungen“.
  • Hierunter sind Traumatisierungen zu verstehen. Diese kann man aufteilen in akute Traumatisierungen und posttraumatische Belastungsreaktionen.
  • ICD-10: Diagnostisch fallen sie unter die Kategorie F4 in der Klassifikation psychischer Störungen nach dem ICD-10, also dem International Classification of Diseases in der 10. Auflage.
  • Unter F4 stehen: Neurotische Störungen, Belastungsstörungen, Somatoforme Störungen.

Reaktive Depression
  • Eine reaktive Depression kann als Resultat einer Anpassungsstörung auftreten.
  • Nun ist das Feld der Depression so groß und komplex, dass es an dieser Stelle nicht ausführlich und schon gar nicht umfassend geschildert werden kann (in den späteren Artikeln aber...!)
  • Eine Anpassungsstörung ist eine Reaktion auf zum Beispiel entscheidende Lebensveränderungen wie der Tod eines Angehörigen etc. Die Anpassungsstörung könnte dann darin bestehen, mit der neuen Situation nicht angemessen, also nicht „angepasst“ umgehen zu können.
  • Bei einem Trauerfall kann eine solche Belastungsstörung dann als Anpassungsstörung zu einer „reaktiven Depression“ werden.
  • Diese Art der Depression ist dann eine Reaktion auf eine akute Lebenssituation.
  • Eine Erschöpfungsdepression, auch als neurotische Depression gekennzeichnet, wird verursacht durch länger andauernde belastende Erfahrungen in der Lebensgeschichte. Diese Art der Depression nennt man dann auch reaktive Depression, inzwischen auch depressive Reaktion (nämlich als Reaktion auf ein aktuell belastendes Ereignis).
  • Im ICD-10 (International Classification of Diseases) wird die reaktive Depression unter F32 und F33 gelistet. Allerdings sind diese darin eingebettet in den jeweiligen Schweregrad einer Depression (vgl. Artikel zur Depression).
  • Im ICD-10 werden Depressionen grundsätzlich anders eingeteilt. Nicht mehr deskriptiv (beschreibend), sondern nach den Episoden, dem Schweregrad und mit oder ohne psychotische Symptome. So gibt es unter anderem: Manische Depression, Major Depression, depressive Anpassungsstörung, organische affektive Störung, somatogene Depression, bipolare Störung, Dysthymia, Zyklothymia, rezidivierende Depression usw.) (Vgl. Artikel über Depressionen).


Samstag, 14. Juli 2012

Persönlichkeitsstörung 3 - Typologie


Typologie von Störungen - Persönlichkeitsstörungen

Kretschmer und Schneider haben in klassischer Hinsicht einige Merkmale von Persönlichkeitsstörungen aufgezeigt. Kretschmer orientiert sich dabei an Merkmale der Physiologie, während Schneider psychologische Faktoren festmacht.
Beide Arten der Persönlichkeitsbeschreibungen werden den heutigen Standards nicht mehr gerecht, sind aber hinsichtlich der beobachtenden und empirischen Entwicklung der Psychologie bedeutsam.

Nach Kretschmer:

Der Pykniker
  • Körperliche Statur: klein, dick
  • Störung: abhängige und instabile Persönlichkeitsstörung / Depression, psychotische Depression
Der athletische Typ
  • Körperliche Statur: muskulär, ansonsten zwischen Pykniker und Leptosom.
  • Störung: Narzisstische Persönlichkeitsstörung bis zur Schizophrenie (sekundärer Narzissmus) und Manie.
Der leptosome Typ
  • Körperliche Statur: lang, dünn
  • Störung: schizoide Persönlichkeitsstörung und Schizophrenie (sekundärer Narzissmus). Abgrenzung und Kontaktlosigkeit.

Nach Kurt Schneider:
Kurt Schneider versuchte den Begriff der Persönlichkeitsstörung (PS) konkreter zu fassen. Seines Erachtens handelte es sich bei den PS um eine Extremvariante einer bestimmten Wesensart.

Folgende Typen der Psychopathie:

Der Hyperthyme
  • heiter, aktiv, unvorsichtig, selbstsicher mit Neigung zur Übertreibung, unkritisch und streitsüchtig.

Der Depressive
  • schwermütig, unglücklich mit depressiver Stimmung, die Vergangenheit scheint belanglos und die Zukunft ist pessimistisch und bedrohlich.

Der Fanatische
  • aktiv, expansive Persönlichkeit, querulatorisches Verhalten, Ideen und Normvorstellun­gen werden nach außen getragen

Der Geltungsbedürftige
  • übertrieben, theatralisch, sehr aufdringlich und exzentrisch, ausgedehnter Phantasien­reichtum

Der Stimmungslabile
  • extreme Stimmungsschwankungen, die sehr schnell ausgelöst werden können, zwischen Jähzorn, grob und brutal bis hin zu freundlich und vertraulich.

Der Explosible
  • sehr angepasst und friedlich, jedoch sehr leicht erregbar mit Kurzschlussreaktionen hin zur Gewalttätigkeit

Der Gemütslose
  • fehlendes Gefühl für Moral und gesellschaftliche Normen, Neigung zur Kriminalität, aber besondere Leistungen in Führungspositionen

Der Willenlose
  • von anderen abhängig, unzuverlässig, trotzdem friedlich und anspruchslos

Der Asthenische
  • sich selbst als unzulänglich betrachtend, überempfindlich, häufig körperliche Symptome

Donnerstag, 5. Juli 2012

Persönlichkeitsstörung 2


Woran erkennt man eine Persönlichkeitsstörung?
  • Persönlichkeitsstörungen sind längst nicht immer leicht zu diagnostizieren.
  • Die früher auch als Charakterneurosen oder strukturelle Neurosen bezeichneten Störungen beziehen sich zwar immer auf eine spezifische Persönlichkeitsstruktur, fallen aber als Störungsbild nicht immer auf.
  • Viele Betroffene haben ein ganz normales Alltagsleben, wirken vielleicht manchmal etwas verschroben, entwickeln selber aber nicht unbedingt ein Bewusstsein für eine vorliegende Störung.
  • Dementsprechend unterteilt man in Ich-syntone und Ich-dystone Persönlichkeitsstörungen. Ich-synton meint, dass der Betroffene kein Bewusstsein darüber hat und auch kein Leiden verspürt. Ich-dyston entsprechend gegenteilig.

Ursachen / Ätiologie:
  • Persönlichkeitsstörungen zeigen sich schon häufig bei Kindern.
  • Da aber dessen Persönlichkeitsstruktur noch nicht vollendet ist, fällt es schwer, in diesem Stadium bereits eine sichere Diagnostik zu erstellen.
  • Der mitgebrachte Anteil, also die eigentliche Disposition, ist relativ groß und wird dann mulitfaktoriell, also zum Beispiel durch Defizite bei der Erziehung, durch die Umwelt und das Umfeld, durch die soziale Bindung etc. unterstützt bzw. verstärkt.
  • Im Unterschied zu den Symptom neurotischen Störungen, die durch Erlebnisse verstärkt ins Leben gerufen werden können, haben Persönlichkeitsstörungen einen höheren Anteil der genetischen, biologischen und neuronalen Disposition.
  • Es spielen zusammenfassend gesagt eine Rolle: Erbanlagen, frühkindliche Entwicklung, Erziehung, Wechselwirkung zwischen einem problematischen Charakter und der Reaktion der Umwelt auf das Verhalten.

Typische Merkmale einer Persönlichkeitsstörung
(jedes Merkmal ist singulär zu betrachten und zu bewerten: das heißt: hier sind nur allgemein typische Merkmale aufgelistet, diese aber noch nicht einer jeweiligen Persönlichkeitsstörung zugeordnet)
  • Störung der Gefühlsqualität
  • Verzerrte Wahrnehmung der Realität
  • Fehlende Selbstbeherrschung und Impulskontrolle
  • Gestörtes subjektives Befinden
  • Soziale Anpassungsschwierigkeiten
  • Schwierigkeiten in der beruflichen Rollenerfüllung
  • tief verwurzeltes Verhaltens- und Denkmuster seit der Kindheit


Dienstag, 3. Juli 2012

Persönlichkeitsstörung 1


Persönlichkeitsstörungen

Nachdem wir herausgestellt haben, was eine Persönlichkeit ist, gilt es nun festzuhalten, was das Gegenteil bedeutet, so es denn ein Gegenteil ist.


Persönlichkeitsstörung - Definition

Eine Persönlichkeitsstörung liegt dann vor, (so der Psychiater und Chefarzt Dr. Birger Dulz), wenn die Persönlichkeitszüge (nicht die gesamte Persönlichkeit!) unflexibel und wenig angepasst sind und die Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen oder zu subjektiven Beschwerden führen.

Noch einmal in Stichworten:
  • Unflexibel
  • Wenig angepasst
  • Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit
  • Subjektive Beschwerden.
Es gehört aber noch ein bisschen mehr dazu.

Eine Störung wird dann als Störung diagnostiziert, wenn diese

  • 1. überdauernd ist (aber eben in der Mehrzahl der Fälle therapierbar ist)
  • 2. sie mehrere Ebenen betrifft (kognitiv, emotional, behavioral/verhaltensorientiert)
  • 3. sie sich als unflexibles und tiefgreifendes Muster darstellt
  • 4. sie zu Leiden im Beruf, in sozialen und anderen Funktionsbereichen führt
  • 5. sie keine Manifestation einer anderen Störung ist
  • 6. sie nicht auf eine Substanz oder hirnorganische Erkrankung zurückzuführen ist.

Noch eine Definition der Persönlichkeitsstörung:

  • Eine Persönlichkeitsstörung liegt vor, wenn die Balance zwischen Konstanz / Verände­rung bzw. Bindung / Differenzierung nicht aufrechterhalten werden kann und man im Bild der Waage zu sehr in einem Extrem steht.
  • Gestörte Persönlichkeitsmerkmale weichen gegenüber der Mehrheit der Bevölkerung deutlich ab in: Wahrnehmung, Fühlen, Denken, soziale Interaktion.

Bei den Persönlichkeitsstörungen gibt es, wie man sich denken kann, sehr unterschiedliche Formen. Diese unterschiedlichen Formen sind auch unterschiedlich zu kennzeichnen bzw. werden in sehr unterschiedlichen Kategorien eingeteilt.


Die klassische, aber nicht mehr dem ICD-10 entsprechende Kategorisierung teilt ein in:

  • Eine zwanghafte Persönlichkeit: Diese lebt die Konstanz und hat Angst vor der Veränderung.
  • Eine hystrionische Persönlichkeit: Diese lebt die Veränderung und hat Angst vor der Konstanz.
  • Eine depressive / instabile Persönlichkeit: Diese lebt die Bindung und hat Angst vor der Differenzierung.
  • Die schizoide Persönlichkeit: Diese lebt die Differenzierung und hat Angst vor der Bindung.

         Diese Einteilung wird an späterer Stelle noch ergänzt!

Montag, 2. Juli 2012

Persönlichkeit

Was ist eine Persönlichkeit?

Kein Konflikt ohne Persönlichkeit ...
Zu neurotischen Störungen kommt es, wenn das seelische Gleichgewicht gestört ist. Das seelische Gleichgewicht hängt von der Gesamtpersönlichkeit des Menschen, seinen Umweltbeziehungen und den zu bewältigenden Ereignissen bzw. Konflikten ab.

Sigmund Freud zu Folge wird nach der psychoanalytischen Lehre die Persönlichkeit des Menschen durch seine Kindheitsentwicklung geprägt. Wesentlich ist dabei die unbewusste Verstrickung in Kindheitskonflikte.


Was aber ist nun eine Persönlichkeit?
Jeder weiß es intuitiv, aber es zu beschreiben, geschweige denn, es zu definieren, fällt etwas schwerer.
Man unterscheidet daher zunächst zwischen Persönlichkeitszügen und Persönlichkeitsstörungen. Das war es dann aber auch schon mit der Einigkeit.
Es gibt mehr Definitionen als es tatsächliche Persönlichkeitszüge gibt...


Hier eine Auswahl:
  • Persönlichkeitszüge sind überdauernde Formen des Wahrnehmens, der Beziehungsmuster und des Denkens, und zwar im Hinblick auf die Umwelt und auf sich selbst.
  • Persönlichkeitszüge kommen in einem breiten Spektrum von wichtigen sozialen und persönlichen Situationen und Zusammenhängen zum Ausdruck.
  • Eine Persönlichkeit ist das einzigartige und andauernde Muster von Verhalten, Wahrnehmung und Emotion des einzelnen Individuums, das zu konsistenten Reaktionen in verschiedenen Situationen führt.
  • Persönlichkeit umfasst Strukturen und Prozesse und spiegelt „nature“ (genetische Anlagen) und „nurture“ (Erfahrung).
  • Persönlichkeit ist etwas hinter dem Verhalten (Verhaltenskorrelat), ein hypothetisches Konstrukt, das nicht direkt beobachtet werden kann. Es gibt zudem eine zeitliche Stabilität eines Erlebens- und Verhaltensmusters und eine transsituative Konsistenz.
  • Persönlichkeit ist eine komplexe Organisation von Kognitionen, Emotionen und Verhalten, die dem Leben einer Person Richtung und Zusammenhang gibt. Persönlichkeit schließt die Auswirkungen der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft mit ein.
  • Persönlichkeit ist das, was eine Vorhersage darüber erlaubt, was eine Person in einer gegebenen Situation tun wird.

Und welche Persönlichkeitszüge gibt es?
Es gibt die so genannten Big Five Merkmale einer Persönlichkeitsstruktur:

Dazu zählen klassischer Weise:
  • Extraversion: kontaktfreudig, selbstbewusst, extrovertiert
  • Verträglichkeit: warmherzig, rücksichtsvoll, taktvoll
  • Gewissenhaftigkeit: sorgfältig, zuverlässig, anpassungsfähig
  • Neurotizismus: nervös, selbstzweiflerisch, launisch
  • Offenheit: phantasievoll, wissbegierig, originell
Im Englischen vielleicht leichter zu merken durch die Abkürzung OCEAN:
Openess, Conscientiousness, Extraversion, Agreeableness, Neuroticism.


Und noch eine Aufteilung...
Man kann eine Persönlichkeitsstruktur aber auch nach den Fähigkeiten und Kompetenzen, dem emotionale-kognitiven und nach dem sozialen Bereich unterteilen. Das sähe dann so aus:

Bereich der Fähigkeiten und Kompetenzen:
  • Intelligenz
  • Kreativität
  • Weisheit
  • Soziale und emotionale Kompetenzen
  • Selbstregulation und Selbstkontrolle
  • Stressbewältigung

Emotional-Kognitiver Bereich
  • Ängstlichkeit
  • Ärgerneigung
  • Stress
  • Wohlbefinden
  • Selbstwertschätzung
  • Kontrollüberzeugungen
  • Selbstwirksamkeit
  • Optimismus

Sozialer Bereich
  • Prosoziales Verhalten
  • Empathie
  • Aggressivität
  • Selbstdarstellung
  • Soziale Unterstützung
  • Partnerwahl und Partnerschaft

Und was sind dann Persönlichkeitsstörungen? Das könnt Ihr im nächsten Post nachlesen...


Samstag, 30. Juni 2012

Psychische Erkrankungen - das System

Psychische Krankheiten:
Die Einteilung der Psyche bzw. der jeweiligen Störungsbilder ist nicht so leicht, weil zumindest in der beruflichen Alltäglichkeit mit unterschiedlichen Begriffen und Systemen gearbeitet wird.

Alt und neu
Es gibt eine Einteilung, die eigentlich längst nicht mehr dem aktuellen internationalen Standard entspricht, aber nach wie vor, auch von Ärzten, immer noch verwendet wird. Das mag daran liegen, dass die Einteilung aus den vorherigen Zeiten leichter zu kommunizieren ist und auch verständlicher erscheinen mag, die neuere Einteilung aber aufgrund der wissenschaftlichen Standards sich verändert hat.

 
Ursache versus Schweregrad
Im Prinzip gibt es eine große Veränderung in den Bezeichnungen, mit vielen Konsequenzen. Früher hat man ein psychisches Störungsbild nach den Ursachen versucht einzuteilen, heutzutage differenziert man nach den jeweiligen Schweregraden einer psychischen Störung.

Krankheit oder Störung?
Und wenn wir beim Begriff Störung sind, kommt auch schon das nächste Problem auf. Was unterscheidet eine Krankheit von einer Störung? Im Grunde genommen nichts. Man ist aber wohl aufgrund der euphemistischen, also beschönigenden Tragweite dazu übergegangen, nicht jeden Menschen zusätzlich zu erschrecken, wenn man ihn als kranken Patienten bezeichnet, nur weil er eine depressive Phase erlebt. Heute würde man von einer psychischen Störung oder einem psychischen Störungsbild sprechen.

Nun aber der Reihe nach
Wie sind nun psychische Störungen überhaupt einzuteilen. Zum besseren Verständnis stelle ich beide Varianten (die alte und die neue, die nun auch nicht mehr neu im eigentlich Sinne ist) vor.



Das triadische System:

Triadisch heißt das System, weil es sich nach drei großen Einheiten orientiert.
Es handelt sich dabei um ein nach Ursachen klassifizierendes System psychiatrischer Erkrankungen.


Einteilung in drei Gruppen:

1. Exogene psychische Erkrankungen
Das sind psychische Krankheiten, die ihre Ursache aufgrund feststellbarer körperlicher Erkrankungen haben.
Diese sind entweder irreversibel, also nicht heilbar. Dann nennt man sie organische irreversible exogene Erkrankungen. Dazu gehören zum Beispiel Altersdemenz, Morbus Alzheimer, Morbus Pick, Kreuzfeld Jacob.

Es gibt aber auch körperliche Erkrankungen, die durchaus heilbar sind. Eine daraus resultierende psychische Erkrankung kann in dem Augenblick verschwinden, wenn die körperliche Erkrankung beseitigt ist. Diese nennt man symptomatische reversible psychische Erkrankungen. Dazu gehören unter anderem das Delir (in der Regel bei Alkoholmissbrauch), Hirntumor oder das Hirntrauma.

2. Endogene psychische Erkrankungen
Das sind psychische Erkrankungen, die wahrscheinlich ihre Ursache auch aufgrund einer körperlichen Erkrankung haben, die aber im Unterschied zur exogenen Erkrankung nicht nachweisbar sind.
Dazu gehören zum Beispiel die Schizophrenie oder auch die bipolar-affektive Störung. (Mehr zu den einzelnen Krankheiten in einem späteren Blog).

3. Psychogene psychische Störungen
Das sind die neurotischen Erkrankungen, die aufgrund einer rein psychischen Störung als Erkrankungsbild in Erscheinung treten. Dazu gehören die typischen neurotischen Erkrankungen der Depression, der Angststörungen, der Belastungsstörungen, aber auch die der Persönlichkeitsstörungen.

Unterteilung der (psychogenen) neurotischen Störungen
Die neurotischen Erkrankungen kann man dann noch einmal weiter einteilen.
Zum einen in strukturelle neurotische Störungen (z.B. Persönlichkeitsstörungen).
Zum anderen in Symptom neurotische Störungen (z.B. Angststörungen, Depressionen).

Die Symptom neurotischen Störungen lassen sich dann noch einmal unterteilen in
1. psychische neurotische Störungen und in
2. somatoforme (körperliche) neurotische Störungen.

Die somatoformen Störungen teilt man dann noch einmal auf in
a) psychosomatische neurotische Störungen und in
b) funktionelle neurotische Störungen.

Hier unterscheidet man in a) körperliche Beschwerden, die feststellbar sind (Bluthochdruck) oder in b) die nicht ohne weiteres feststellbar sind (Bauchschmerzen), und die sich aber von den rein organischen Erkrankungen im Sinne der exogenen psychischen Störung unterscheiden.


Überblick der Störungsbilder (nach altem Muster)
Zu viele Störungsbilder?
Dann hier noch einmal im Überblick für die psychischen neurotischen Erkrankungen:

I. Strukturelle neurotische Störungen

II. Symptom neurotische Störungen

II.1. Psychische neurotische Störungen

II.2. Somatoforme neurotische Störungen
II.2.1. Psychosomatische neurotische Störungen
II.2.2. Funktionelle neurotische Störungen



Die neue Einteilung der Störungsbilder

Es gibt ein europäisches Klassifizierungsbuch in der inzwischen 10. Auflage. Dieses Buch ist das International Classification of Diseases (10. Revision) = ICD-10.
Aufgeschlüsselt in F0-F9 mit jeweiligen Abstufungen und Spezifizierungen.
Sieht viel einfacher aus, ist es aber nicht. Der Vorteil liegt in der vermeintlich eindeutigen Diagnostik. Der große Nachteil einer solchen Einteilung liegt darin, dass man sich als Psychotherapeut oder Psychiater beim Erscheinungsbild des Patienten zu sehr auf die vorgegebene Klassifizierung verlässt und Besonderheiten von Krankheiten nicht mehr wirklich zulässt. Aber diese Diskussion muss an anderer Stelle Platz finden...

Und hier die Einteilung:

F0: Organische einschließlich symptomatischer psychischer Störungen

F1: Psychische und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen

F2: Schizophrenie, schizotype und wahnhafte Störungen

F3: Affektive Störungen

F4: Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen

F5: Verhaltensauffälligkeiten mit körperlichen Störungen und Faktoren

F6: Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen

F7: Intelligenzminderung

F8: Entwicklungsstörungen

F9: Verhaltens- und emotionale Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend.


In den folgenden Posts werde ich mir einzelne Störungsbilder vornehmen und diese möglichst einsichtig und verständlich vorstellen. Im nächsten Blog sind zunächst die unterschiedlichen Persönlichkeitsstörungen vorgesehen... Also alles, was unter F6 klassifiziert ist.